Keine Versorgung mit medizinischem Cannabis zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung bei Behandlungsalternativen
Ein gesetzlich Krankenversicherter hat keinen Anspruch gegen seine Krankenversicherung auf Versorgung mit medizinischem Cannabis, wenn noch Behandlungsalternativen bestehen. Dies hat das Sozialgericht Osnabrück mit Gerichtsbescheid vom 06.07.2023 (Aktenzeichen S 46 KR 160/22) entschieden.
Der 1968 geborene Kläger leidet an verschiedenen Erkrankungen auf psychiatrischem, orthopädischem und lungenfachärztlichem Gebiet. Er wurde im Jahre 2018 sechs Wochen stationär in einer psychosomatischen Klinik behandelt. Im Jahre 2021 absolvierte er zwei stationäre Rehabilitationsmaßnahmen.
Von seinem behandelnden Arzt wurden dem Versicherten Cannabisblüten (Cannabisblüten THC10 VBD 10) zur Vaporisation auf einem Privatrezept verordnet. Die monatlichen Kosten hierfür belaufen sich auf ca. 430 €. Der Kläger beantragte bei seiner Krankenversicherung die Übernahme dieser Kosten und machte geltend, durch den Cannabiskonsum hätten seine zahlreichen gesundheitlichen Probleme deutlich gebessert werden können. Es habe ein besserer Erfolg erzielt werden können als bei der bisherigen Behandlung durch umfangreiche Medikation, stationärer Aufenthalte und Rehabilitationsmaßnahmen.
Nach Einholung eines Gutachtens des medizinischen Dienstes lehnte die Krankenversicherung den Antrag des Klägers ab. Auch der Widerspruch blieb erfolglos. Die Krankenversicherung vertrat die Auffassung, es stünden noch diverse Analgetika zur Verfügung. Auch seien ärztlicherseits eine orthopädische Weiterbetreuung, Krankengymnastik sowie eine intensive Traumabehandlung empfohlen worden. Alternative Behandlungsmöglichkeiten seien noch nicht ausgeschöpft.
Im Klageverfahren hat sich das Sozialgericht dieser Einschätzung der beklagten Krankenkasse angeschlossen. Denn die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 Satz 1 bis 2 SGB V lägen nicht vor. Zwar konnte das Gericht bei dem Kläger eine die Lebensqualität beeinträchtigende Erkrankung feststellen. Jedoch bestehen noch weitere Behandlungsmöglichkeiten. Diese ergeben sich insbesondere aus den Entlassungsberichten nach den stationären Behandlungen des Klägers. Hierbei hat das Gericht auch berücksichtigt, dass die Verschreibung und die Abgabe von Cannabis zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung den Beschränkungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) unterfällt. Mit der Schaffung des Anspruchs auf Versorgung mit Cannabis hat der Gesetzgeber keine Erleichterung der betäubungsmittelrechtlichen Anforderungen an die Verschreibungsfähigkeit beabsichtigt, sondern sah die Ärzte als verpflichtet an, diese Anforderungen zu berücksichtigen. An einer begründeten Anwendung fehlt es insbesondere dann, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG). Dies ist nicht der Fall, wenn die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft sind.
Der Gerichtsbescheid ist rechtskräftig.
Pressemeldung von Sozialgericht Osnabrück